Gastbeitrag: Jilet Ayse & Desintegration

Eretz Schland, Märtyrer

Der Nationalspieler Mesut Özil ist den neu- und altpatriotischen Deutschen ja schon länger ein Dorn im Auge, weil er die deutsche Nationalhymne nicht mitsingt. Man kann die Uhr danach stellen. Diese WM durfte der ehemalige Nationalspieler Lothar Matthäus in der Bild-Zeitung verkünden: Özil fühlt sich nicht wohl im DFB-Trikot.

Nach der Fussball-Neuauflage der Operation Barbarossa wurden die letzten Tage Schuldige für das glanzlose Vorrundenaus der deutschen Nationalmannschaft gesucht. Der Präsident des DFB, Reinhard Grindel und Oliver Bierhoff, Manager der deutschen Nationalmannschaft, scheinen nun den Schuldigen ausgemacht zu haben: Mesut Özil. Überraschung.

Gestern auf dem Friedhof fragten wir uns noch, wie man auf diese an Bodenlosigkeit kaum zu unterbietende Frechheit reagieren könnte. Heute morgen kam Jilet Ayse um die Ecke und hatte die einzige adäquate Antwort parat:

Es reichts langsam, ganz ehrlich. […] Entweder man gehört irgendwohin, oder man gehört da nicht hin. Aber ihr habt uns bewiesen, dass wir dahin nicht gehören. Jeder, der mir noch einmal kommt und in meiner  Nähe das Wort Integration sagt, walla, ich klatsch dich, bis du in das Land fliegst, was du integrieren willst! Ich schwöre auf alles.

Uns spricht das aus dem Herzen. Und unsere Kolleg*innen vom Desintegrationskongress wird es auch freuen.

 

Gedichte an Böhmen (Zwetajewa)

Eretz Schland, Fundgrube, Märtyrer

GEDICHTE AN BÖHMEN 6

SIE NAHMEN
von Marina Zwetajewa

Die Tschechen traten auf die Deutschen zu und spuckten…
(Vgl. Märzzeitungen 1939)

Sie nahmen schnell und mit Großmannsmut:
Sie nahmen den Berg und was unter ihm ruht,
Sie nahmen die Kohle, sie nahmen den Stahl,
Sie nahmen das Blei, und sie nahmen Kristall.

Sie nahmen den Zucker, sie nahmen den Klee,
Sie nahmen die Ferne, sie nahmen die Näh,
Sie nahmen den Westen, sie nahmen den Nord,
Sie nahmen den Süden und Osten fort.

Sie nahmen den Honig, sie nahmen das Bad,
Sie nahmen das Heu, und sie nahmen den Grat,
Sie nahmen das irdische Eden, jedoch:
Sie nahmen kampflos den Kampf uns noch!

Sie nahmen Geschütz, und sie nahmen Geschoß,
Sie nahmen uns Erze und Freund und Genoss‘ –
Wir haben noch Spucke, und die ist für sie:
Uns ganz zu entwaffnen, das schaffen sie nie.

  1. Mai 1939

Deutsch von Karl Mickel, aus: Sternenflug und Apfelblüte. Russische Lyrik von 1917-1962. Berlin: Kultur und Fortschritt, 1962.

Die Lyrikzeitung vermerkt dazu: Die Dichterin Marina Zwetajewa, die die deutsche Sprache und Poesie liebte, schrieb dieses Gedicht nach der Einverleibung der Tschechoslowakei durch Deutschland. Am 18. Juni 1939 kehrt sie aus dem Exil in die Sowjetunion zurück. Die Schwester ist im Arbeitslager, am 27. August wird die Tochter, am 7. November der Mann Sergej Efron verhaftet. 1941 erhängt sie sich. Im gleichen Jahr wird ihr Mann erschossen.

via Lyrikzeitung

They wanted one thing / Nakam – Revenge!

Aus aller Welt, Familienalbum, Märtyrer, Wowschwitz

Es war nicht alles schlecht im 2. Weltkrieg. Da war zum Beispiel die Niederlage der Deutschen vor Stalingrad. Oder der Kriegseintritt der Alliierten. Oder diese Liste weiblicher Scharfschützinnen der sowjetischen Armee, die jetzt von der visuellen Künstlerin Olga Shirnina in ihrer zeitlosen Schönheit nachkoloriert wurden:

16soviet-female-snipers-colourised-photos-16.jpg

(Ziba Ganiyeva)

Nicht minder zeitlos dieses Doppelporträt von Roza Shanina, die mit 16 Jahren bereits 59 Nazis umgebracht hatte und den Spitznamen “der ungesehene Terror Ostpreußens” trug:

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(Quelle)

„ARE WE LIVING IN NAZI GERMANY?“ II – Trump greift die Weisen von Zion an

Aus aller Welt, Märtyrer, Wowschwitz

Bei seiner gestrigen Pressekonferenz wollte Donald Trump seinen „Nazi Germany“ Tweet nicht zurücknehmen. Er bekräftigte seine Aussage sogar noch:

“It was disgraceful — disgraceful that the intelligence agencies allowed any information that turned out to be so false and fake out,” […] “That’s something that Nazi Germany would have done and did do.”

Anschließend überging Trump in seiner Pressekonferenz die Anfrage eines CNN Journalisten in dem er CNN als „Fake News“ bezeichnete. Nach der Pressekonferenz schien Donald Trump in Hochform zu sein und so schickte er gestern um 23:14 Uhr den ersten gegen die Weisen von Zion gerichteten Tweet bei Twitter ab:

1_trump

Zum Hintergrund: Rabbiner Indigo hatte bereits mehrmals über Donald Trump geschrieben und exklusives Material über ihn veröffentlich (siehe hier, hier und hier). Das gestrige Aufgreifen von dem „Nazi Germany“ Tweet in unserem Blog muss jedoch bei Trump das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Wahrscheinlich legte er deshalb nur 39 Minuten später noch mit folgendem Tweet nach:

2_trump

Über Trumps deutsche Wurzeln wurde schon an mehreren Stellen geschrieben. Dass der pfälzisch stämmige Trump jedoch deutschsprachige Blogs so aufmerksam verfolgt überraschte im ersten Moment. Jedoch deuten wir Trumps Tweets auch als eine Bestätigung unserer Reichweite und vor allem unseres politischen Einflusses. Wir werden uns jedenfalls nicht bei Trump, diesem leider relevanten Clown, entschuldigen.

Trump kills Cohen

Aus aller Welt, Familienalbum, Märtyrer

Heute morgen erreichte uns die Nachricht, dass unbestätigten Quellen zufolge Donald Trump für das Verschwinden des Musikers Leonard Cohen verantwortlich ist. Als Weisen von Zion wissen wir schon lange, dass alles mit allem verbunden ist. Und wenn jemand wie Trump Präsident werden kann, dann ist er per Definition Teil einer Verschwörung! Kann es denn ein Zufall sein, dass Cohen einen Tag nach Trumps Wahl zum Präsidenten untertaucht? Trump killed Cohen! Wir erheben unser Glas also auf einen der Großen. Hab Spaß auf der Reeperbahn mit Elvis, Jimi Hendrix und Tupac (der Beweis).

Kippot zu Bauarbeiterhelmen

Ökumene, Eretz Schland, Märtyrer

Unten ein Veranstaltungstipp in München von unseren Freund_innen der christlich-jüdischen Zusammenarbeit. Lobenswert: dass die Kolleg_innen auf die körperliche Unversehrheit insbesondere von Männern und verheirateten Frauen bedacht sind.

„Führung auf dem alten jüdischen Friedhof“

6. November 2016, um 14:00 mit Frau Presser

Eröffnet 1816, mit überwiegend klassizistischen Grabdenkmälern des 19. U. 20. Jahrhunderts. Anmeldung erforderlich, da begrenzte Teilnehmerzahl, über GcjZ: Tel. 59 47 20 oder info@gcjz-m.de

Herren sowie verheiratete Frauen sind gebeten, eine Kopfbedeckung während des Besuchs zu tragen. Das Betreten der Friedhofsanlage erfolgt auf eigene Gefahr aufgrund erforderlicher Sanierungsarbeiten.

Märtyrer: Florian Gleibs

Eretz Schland, Märtyrer

Heute erinnern wir an Florian Gleibs, Gründer des münchner Szenelokals Schmock (Jiddisch für „Idiot“ oder „Schwanz“, hier) und verantwortlich für die wohl beste Restaurantwerbung seit dem öffentliche Versprechen der Nazis, jüdische Restaurants zu meiden. (Vielleicht war der Boykott auch nur eine von unseren Geheimstrategien, um den Umsatz bei linken Deutschen zu steigern). Folgend unser Lieblingsposter von 2006:

deutsche-esst-bei-juden
(Quelle: SZ, 17.5.10)

Die Reaktion der jüdischen Gemeinde München zeichnete sich durch ihre (erwartbare) programmatische Humorlosigkeit aus: „Wie kann man so einen Slogan, der das Zusammenleben pervertiert hat, heute derart auf die Spitze treiben?“ (TAZ, 12.1.06). Wir würden sagen: indem man es einfach macht und dann gemeinsam drüber lacht (z.B. Tucholsky 1932 im Gedicht „Europa“: „Deutsche, kauft deutsche Zitronen“, hier).

Natürlich kann es einen Schmock nicht ohne Altneu-Nazis geben. Seit diesem Jahr hat Florian Gleibs keine Lust mehr darauf und verkündete jüngst die Schließung seines Restaurants (Vice, 30.09.16). In den selben Räumlichkeiten soll nun die laotische „Vu Tang Kitchen“ eröffnen. Ob der Wechsel von Israel nach Laos als interner Witz oder lakonische Spiegelung israelischen Eskapismus gemeint ist, es bleibt ein herber Verlust für alle Liebhaber jüdischer Humorigkeit.

Zugleich hat sich Gleibs mit der Aktion allerdings für den ersten Beitrag der Kategorie „Märtyrer“ qualifiziert. Die Redaktion wünscht alles Gute und viel Erfolg!