Deutschrap muss sterben, damit wir leben können! (Echo 2018)

Eretz Schland, Verstehen, Wowschwitz

Gestern wurde der Echo verliehen. Und der Echo für Hip-Hop/Urban National ging an Kollegah und Farid Bang, die zwei Pinup-Gangster des Deutschraps, die nun den Antisemitismus für sich entdeckt haben und in ihren Raps darum nun Juden munter mit Satan vergleichen. Walla. Lächerlicher als diese zwei Idioten ist eigentlich nur die deutsche Presse, die darüber berichten sollte. In einem klugen Artikel für den Freitag kommentiert Leon Dische Becker:

Deutsche Medien sind in ihrer Berichterstattung über Rap so inkompetent und ihrem Verständnis von Antisemitismus so beschränkt, dass sie noch nicht einmal die aussagekräftigsten antisemitischen Songzeilen finden können, wenn sie einem Rapper Antisemitismus vorwerfen.

Kollegah bezieht sich in seinem Track Apokalypse übrigens unter anderem auf den christlichen Verschwörungstheoretiker Fritz Spengmeier und sein Buch “Bloodlines of the Illuminati”. Diese ganze Sache mit den Illuminaten war von uns eigentlich mal als interne Satire gedacht gewesen und dann hat Rabbiner Krautsalat die ganze Sache geleakt und ist nach Venezuela ins politische Exil gegangen. Wir kriegen dich noch, Freundchen!

Aber natürlich ist Rap nicht nur Kollegah oder Farid Bang, sondern auch Antilopengang. Mit Freude haben wir nämlich alte youtube-Listen durchgesehen und diesen Klassiker rausgekramt. Ein Sampel von Bregovic und als beste Zeile wo is: Deutschrap muss sterben, damit wir leben können. Word.

Nachtrag 14.4.18: Die Antilopengang hat sich SPON gegenüber in der Sache Kollegah und Farid Bang geäußert „Fragwürdig sei nach Meinung der Gruppe nicht die „vernachlässigenswerte“ Punchline über Auschwitz, die tatsächlich mit den Gepflogenheiten des Battle-Rap zu erklären ist. Vielmehr stört die Antilopen Gang, dass die „wieder gut gewordenen Deutschen, bekanntlich stolz auf ihre Erinnerungskultur“, der eigentlichen Debatte hinter dem Echo-Skandal auswichen“ (hier).

 

 

Frühjahrsputz 2018

Eretz Schland, Wowschwitz

Manche habens in den letzten Wochen mit dem Frühsjahrsputz erfreulich ernst genommen. Wie unterschiedliche Medien berichteten, haben Unbekannte in der Karwoche das Hakenkreuz von einer Kirchenglocke in Schweringen im Kreis Nienburg (Niedersachsen) weggeflext. Die 1934 gegossene „Vaterlandsglocke“ war im September letzten Jahres erst entfernt worden, im März hatte der Kirchenvorstand gegen den Willen vieler Gemeindemitglieder dann aber entschieden, dass die Glocke wieder läuten solle (Fernsehbeitrag vom NDR). 

Im NDR-Beitrag findet sich auch die Inschrift, mit der die Glocke versehen ist:

„Aus Not und aus Nacht // ist Deutschland erwacht // dies Kreuz gab gelingen // half Zwietracht bezwingen // danke dir Gott“

Hakenkreuz und Jesuskreuz in fröhlicher Einigkeit. Die Unbekannten, die diese Meinung nicht teilen, haben ein Bekennerschreiben hinterlassen. Darin heißt es unter anderem:

„Wir haben Frühjahrsputz gemacht. Nicht nur das Dorf gereinigt, sondern auch die Glocke. Von Taubendreck, vom Dreck der Nationalsozialisten, der nach 80 Jahren noch drohte die Dorfbevölkerung zu spalten … Die Glocke ist jetzt ,clean’, unsere Gedanken waren es schon lange.“

Hier der ganze Text:

DZyqKULX0AIZMk0.jpg(Zum Tweet der Harke gehts hier)

Wer weiß, wer diese Unbekannten sind? Wir hüllen uns in Schweigen und bereiten schon mal ein paar Blankoschecks vor!

Gez. die Weisen von Zion

Geschichten aus der deutschen Heimat

Eretz Schland, Wowschwitz

Habt ihr es schon gehört? Der notorisch völkisch-nostalgische Sänger Heino hat der Heimatministerin von NRW, Ina Scharrenbach (CDU) eine Platte mit Heimatliedern geschenkt. Anlass war ein aufwendig organisierter und beworbener Heimatkongress, der Mitte März in Münster stattfand. Die Auswahl der Lieder muss so übel gewesen sein, dass selbst die notorisch konservative FAZ nicht anders konnte, als zu titeln: „Heino verschenkt Platte mit Lieblingsliedern der SS„. Hier ist das Cover:

HeinoHeimatLP.jpg
(Die Westdeutsche Zeitung stellt noch mehr Informationen zur Musikauswahl auf der Platte bereit). Auf Anfrage erklärte das Ministerium „Die Ministerin hat vor der Annahme des Geschenks nicht die Titel der Schallplatte zur Kenntnis genommen. Dabei bestand am Rande der Pressekonferenz, bei der das Foto aufgenommen wurde, gar keine Gelegenheit“ (hier). So weit so gut. Das Bild von der Übergabe findet sich immernoch auf der Facebook-Seite des Ministeriums (Stand 26.3.18), so unangenehm kann es der Ministerin auch nach Kenntnisnahme der Titel nicht gewesen sein:

HeinoHeimatIna

Heino ist übrigens einer der 47 offiziellen Heimatbotschafter*innen des Ministeriums, das neben Heimat auch für Kommunales, Bau und Gleichstellung (!) zuständig ist. Im Rahmen des Kongress gab er der Westdeutschen Zeitung zu Protokoll, er singe seit über 50 Jahren über Heimat und sei „froh, dass man überhaupt das Wort Heimat wieder in den Mund nimmt.’“ (hier).

Hände hoch, den die Verbindung von Heimatliebe und SS-Liedern überrascht. Diesen Rotz kauft man sich mit ein, wenn man Heimatministerien gründet. Wehe jemand tut nachher so, als hätte ers/sies nicht gewust!

Wir von den Weisen habe da als alte Internationalist*innen sowieso kein Verständnis für. Wir sind auf allen Friedhöfen zuhause.

Wir hatten ja nix! II

Eretz Schland, Fundgrube, Wowschwitz

Vor ein paar Wochen haben wir ja schon mal auf die Facebookseite „Wir hatten ja nix“ verwiesen, die geschmacklose Memes erstellt, die genau unserem Humor entspricht. Nun gibt es eine neue Lieferung mit Bezug auf neue Medien. Probs an die Künstler*innen, wir haben sehr gelacht.

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Jüdischer Karnevalsumzug 2018

Eretz Schland, Familienalbum, Oy!, Wowschwitz

Diesjährig ließ die Jüdische Gemeinde Düsseldorf zum Rosenmontagszug einen Karnevalswagen mitlaufen. Es ist der erste seiner Art. Um Humor solls gehen. Darum ja auch Karneval. Denn mit Humor könne man Antisemitismus schließlich auch bekämpfen, so Verwaltungsdirektor der Düsseldorfer Gemeinde, Michael Szentei-Heise. Wir freuten uns schon auf die Witze.

So sah der Wagen aus:

Erster-juedischer-Mottowagen-fuer-den-Duesseldorfer-Karneval.jpg
(Quelle: Welt.de)

Nennt uns Spielverderber, aber den Humor suchen wir vergebens. Stattdessen wilder Politik-Pop-Trash, von dem wir schon beim Hinschauen postmoderne Magenkrämpfe bekommen: Heinrich Heine beim Dichten, eine Krippe, eine Europafahne darüber, ein Roter Löwe (Stadtwappentier) und Tausende koshere Karamellbonbons, die vom Wagen geworfen wurden, als wäre Simchat Thora.

Aber die Geschichte jüdischer Karnevalsteilnehmer*innen gibt zumindest einen kleinen grenzüberschreitenden Witz her. 1922 wurde nämlich ein Jüdischer Karnevalsverein in Düsseldorf gegründet. Der hieß der Kleine Kölner Klub, offzielle Abkürzung KKK. Hihihi.

1923 war der Witz schon wieder vorbei, da wurden Juden und Jüdinnen vom Karneval ausgeschlossen. Gelacht haben sie auch danach noch, nur nicht mehr mit den Deutschen.

Peace und Out. Eure Weisen.

Jewrovision 2018

Eretz Schland, Familienalbum

Liebe Netzgemeinde, die Aufmerksamsten unter Euch werden es schon bemerkt haben. Wir sind Euch noch einen Post zur Jewrovision 2018 schuldig. Die fand nämlich am 10. Februar in Dresden statt. Die Jewrovision ist laut Selbstbeschreibung „der größte jüdische Gesangs- und Tanzwettbewerb Deutschlands und Europas. Teilnehmen dürfen jüdische Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 19 Jahren aus ganz Deutschland gemeinsam mit dem Jugendzentrum ihrer jüdischen Gemeinde“. Man muss es schlicht als DAS Event der jungen deutschen jüdischen Kulturelite bezeichnen.

Beim diesjährigen Wettbewerb nahmen übrigens 1.200 Jugendliche aus 65 jüdischen Gemeinden teil. Weil wir weder für die Performance der Sieger*innen aus Frankfurt (hier), noch für die anderen Beiträge die richtigen Worte finden können und wegen unserer tiefen basisdemokratischen Überzeugung (haha) sagen wir: macht euch selbst ein Bild. Denn glücklicherweise haben die Veranstalter*innen die 4:45 Stunden-Show online gestellt. Hier ist sie:

..das war übrigens die Performance der Gewinner*innen vom letzten Jahr. Ziemlich nice:

6 Million Glasses

Eretz Schland, Wowschwitz

Der öffentliche Raum ist voller Überraschungen. Heute gratulieren wir Omer F. für folgenden Snapshot aus dem Hamburger Alltag. Nur gut, dass wir das mit dem Erinnern schon am 27. Januar erledigt haben. Man wird ja wohl noch zum Optiker usw.

6 Million Glasses.jpg
(Quelle hier)

Da denken wir jetzt natürlich schon irgendwie an den Jackpot Sechs Millionen, der uns anonym erreichte. Wir freuen uns auch weiterhin über Einsendungen unter dieweisenvonzion@gmail.com

Hannah Arendt Oper vs. Auschwitz-Gedenktag

Ökumene, Eretz Schland, Familienalbum, Wowschwitz

Ja, es gibt sie noch, die Komponistinnen, die richtig was wagen. Diesmal gratulieren wir Ella Milch-Sheriff dafür, dass sie eine Oper über die Liebesbeziehung von der Jüdin Hannah Arendt mit den Nazi Martin Heidegger geschrieben hat. Das Stück wird „die Banalität der Liebe“ heißen, womit sie Bezug nimmt auf Arendts Konzept der Banalität des Bösen. Richtig starker Titel.

Leider wissen wir noch nicht viel Genaueres über das Auftragswerk, dass die israelische Komponistin für das Theater Regensburg geschrieben hat. Aber dem rundum informierten Sonntagsblatt. 360 Grad evangelisch können wir entnehmen, dass es eine Arie mit Wagneranklängen geben wird. Natürlich der Antisemitenwagner. Wer sonst.

Die Regie lässt sich auch nicht lumpen. So wird der israelische Chefankläger von Eichmann in einer Papstrobe auftreten. Hoffentlich gibt es noch viel viel mehr solche hammerinnovativen Ideen von Regisseur Itay Tiran.

Aufgeführt wird es das Ganze dann am 27. Januar. Auschwitz-Gedenktag. Natürlich. Der Lieblingstag für ganz besondere jüdisch-deutsche Ereignisse.

Opern sind so weird. (Es sei denn es ist eine Inszenierung von Barrie Kosky, dann sind Opern super).

Aber Milch-Sheriff ist ein cooler Name!