Dieser Link erreichte uns vor einigen Wochen via Mail gemeinsam mit der Nachricht: „…mir ist dieses Video auf YouTube untergekommen und dachte mir, es wäre vielleicht etwas, das auf Eurem Blog gewürdigt werden könnte.“ Allerdings. Dieses Video fügt dem Begriff Fremdscham eine weitere, uns bisher unbekannte Dimension bei. Brennt wie sehr scharfes Essen. Am nächsten Tag. Danke dafür, Feli!
…schickt uns bitte gerne mehr heißen Scheiß. Zur Erinnerung die Mailadresse: dieweisenvonzion@gmail.com
Auf seiner ersten Auslandsreise als US-Präsident machte Donald Trump am Dienstag einen Zwischenhalt in Yad Vashem. Seinen 45-minütigen Besuch der Gedenkstätte schloss Trump mit einem Eintrag ins Gästebuch ab. Darin schrieb er:
„IT IS A GREAT HONOR TO BE HERE WITH ALL OF MY FRIENDS – SO AMAZING + WILL NEVER FORGET!”
Trump befindet sich nun in direkter Konkurrenz mit Justin Bieber um den einfühlsamsten Gedenkstättengästebucheintrag. Als Bieber im April 2013 das Anne-Frank-Haus in Amsterdam besuchte, schrieb er:
„Truly inspiring to be able to come here. Anne was a great girl. Hopefully she would have been a belieber.“
Manchmal geschehen Dinge, die übersteigen sogar unser Verständnis. So beispielsweise dieser Israeli in Deutschlandfahne, der auf einer Pegida-Kundgebung in Frankfurt den Einheizer mimt. Weirder wirds nicht:
In zwei Tagen ist es wieder so weit: Der March of the Living, eine der absurdesten jüdischen Gedenkveranstaltungen, findet in Polen statt. Das PR-Material von den Organisator*innen ist in seinem Kitsch so entblößend (siehe Foto oben, Instagram-Post unten und das folgende Video), dass es kaum einer Kommentierung bedarf.
Doch ein paar Hintergrundinformationen: 1988 startete der March of the Living als Programm für israelische Jugendliche, die durch die Konfrontation mit der nationalsozialistischen Vernichtung an den Originalorten in ihrer jüdischen und zionistischen Identität gestärkt werden sollten. Aus diesem Gedenkritual israelischer Schulen wurde eine Großveranstaltung für Juden aller Altersstufen aus der ganzen Welt. Die Gruppen reisen in Bussen von einem Gedenkort zum anderen, der eigentliche, drei Kilometer lange Gang von Auschwitz nach Birkenau, der an die Todesmärsche erinnern soll, ist nur ein kleiner Teil der Veranstaltung, die mit einer Weiterreise nach Israel endet.
Inzwischen hat der March of the Living Nachahmer*innen gefunden, wie zum Beispiel den – ebenfalls geschmacklosen – Ride for the Living:
Wenigstens tragen die die Radfahrer*innen keine Israelfahnen.
Öffentliche Kritik an dem March of the Living lässt sich schwer finden – die Weisen können jedoch diese Artikel zur Lektüre empfehlen:
Ein Beitrag von Haaretz in dem die Journalistin und Shoa-Überlebende Ruth Bondy zitiert wird mit: “We’ve reached a situation where the success of these trips is measured by how many children end up crying. My suggestion is that instead of sending our children to mass graveyards, the one organized trip abroad they take through the school system, we send them somewhere beautiful. How about Florence for a start?”
Ein Forward-Artikel in dem der Journalist Larry Derfner zitiert wird, der den March of the Living als “a pre-army motivational camp more than anything else” bezeichnet. In dem Artikel befinden sich ebenfalls interessante Hinweise darauf, dass den Organisator*innen die Veruntreuung von Spendeneinnahmen vorgeworfen wird. Wer sich jetzt fragt, wie die Fundraising-Veranstaltungen für den March of the Living aussehen, soll sich dieses Video anschauen.
Ein weiterer lesenswerter Forward-Kommentar lässt sich hier finden.
Abschließen möchten wir mit den Shabbat Shalom-Grüßen der March of the Living Organisator*innen:
Wie zielgruppenorientiertes Marketing funktioniert lehrt uns dieser israelische Ikea-Katalog für Charedim:
Foto: Courtesy via JPost
Einfach auf Frauen verzichten, die Billy Regale mit überdimensionierten Chanukkiot und religiösen Büchern ausstatten und fertig ist der Ikea-Katalog für die Ultra-Orthodoxie.
Wie jedes gute Unternehmen geben wir manchmal Promo-Videos in Auftrag, um unsere Ziele zu bewerben. Eines davon ist fraglos die uneingeschränkte Unterstützung Israels. Folgend ein Song unserer Lateinamerika-Kampagne, gesungen und bespielt von Delfín Hasta El Fin, La Tigresa Del Oriente und Wendy Sulca:
Bei unserer Lieblingsorganisation BDS (Boycott, Divestment, Sanctions) ist ja ganz schön was los zur Zeit. Einige von Euch werden es mitbekommen haben: Besonders in Oldenburg fliegt – seit der Veröffentlichung (und anschließenden Schredderung) eines Artikels des BDS-Aktivisten Christoph Glanz in einer Zeitschrift der GEW – das Konfetti. In seinem Artikel hatte Glanz nicht nur auf die „ethnische Säuberung“ Palästinas durch Israel hingewiesen, sondern auch beschrieben, wie „Israelfreunde“ eine BDS-Veranstaltung in Oldenburg zu Fall gebracht haben. Ferner unterminiere ein „diffuses Netz von Akteuren“ derzeit die Meinungsfreiheit in Oldenburg. Der in der Sache völlig korrekte Hinweis auf unseren Einfluss auf die Meinungsfreiheit endete mit einer Kontaktadresse des BDS und der Ermutigung, sich zu melden (eine solche Fremdwerbung der Konkurrenz können wir hier leider nicht verlinken, Anm. d. Rabbinats).
Damit hat Christoph Glanz es nicht nur geschafft, in der Zeitschrift der GEW Werbung für BDS zu machen, sondern auch diejenigen, die sich BDS in den Weg stellen, als Teil unseres antidemokratischen Netzwerks hinzustellen. Wir sind begeistert, wie er es schafft den oldeburger Kampf für ein besseres Palästina mit lokalem Elitenbashing zu verbinden. Denn: Wer wäre nicht gern Teil von BDS angesichts dieser Verhältnisse? Wer würde nicht den Einsatz wagen gegen die verborgenen Mächte, die die Meinungsfreiheit in Oldenburg einschränken? Wen interessiert da noch, ob wir all diese Leute überhaupt in unseren Reihen aufnehmen würden (würden wir nicht!)! Und wen interessiert eigentlich, wer hier wen wann und wo ethnisch säubert oder mit dem Leben bedroht (hat)? Denn es geht um nichts weniger als die Demokratie und die Rettung der Menschenrechte!
Entschuldigt die Emotion. Wahre Größe trifft man nicht oft dieser Tage und Christoph Glanz glänzt in einer Situation, in der die Leute so vernebelt sind wie das diesjährige Herbstwetter. Den Glauben an uns haben die Massen ja niemals verloren, aber BDS und solch engagierte Menschen wie Christoph Glanz sorgen für seine Aktualisierung. Der Veröffentlichung von Glanz‘ Artikel folgte übrigens – man ahnt es schon – das übliche Gedöns von Protestbriefen und –stellungnahmen, alarmistischen Artikeln in der Presse, eine Online-Petition im Netz zur Unterstützung von Glanz und vieles mehr. Die GEW z.B. veröffentlichte bisher ganze 3 (!) Stellungnahmen, wobei sie sich merkwürdigerweise erst in der letzten dazu durchringen konnte, Glanz deutlich ihre Unterstützung auszusprechen.
Letzteres können wir nur unterstützen, hoffen wir doch, dass es in Zukunft wieder mehr Lehrer_innen geben wird, die Kindern und Jugendlichen den Glauben an unsere Kontrolle über die Demokratie und die öffentliche Meinung vermitteln. Wir freuen uns auf weitere Stellungnahmen der GEW (nicht umsonst: „die Bildungsgewerkschaft“), vielleicht bekommen wir das Dutzend voll! Wenn wir uns da etwas wünschen dürfen: bitte immer wieder den Rekurs auf BDS und das „diffuse[..] Netz von Akteuren“, welche die Meinung in Deutschland kontrolliert. (Übrigens: Nicht nur in Deutschland, aber dazu ein anderes Mal mehr.) Ehre, wem Ehre gebührt! Deshalb sei an dieser Stelle auch noch einmal unmissverständlich gesagt: BDS fördert wie keine andere Organisation zur Zeit den Glauben an uns, die Weisen von Zion. Dafür sagen wir: Respect, BDS!